Die Geschichte des Waldhofs

Der neue Waldhof als Zukunftsdorf

Die Initiationskraft und das weit verzweigte Netzwerk von Johanna Helbig führten im Sommer 2019 eine Gruppe junger Menschen aus unterschiedlichen Hintergründen zusammen: die jetzige Projekt- und Lebensgemeinschaft. Einen Teil von uns verbindet bereits ein langjähriger Weg mit dem Verein „Medizin und Menschlichkeit e.V.“, insgesamt sind wir jedoch eine bunt zusammengewürfelte Gruppe. Uns alle vereint der Wunsch nach Umsetzung innovativer und zukunftsfähiger Lösungsansätze für die Herausforderungen unserer Zeit – gesellschaftlich/sozial, gesundheitlich, wirtschaftlich und ökologisch. 

Das Alte mit dem Neuen verbinden

Wir greifen sensibel die Tradition und den Geist des Ortes sowie den umgebenden Kontext der Region auf und knüpfen mit unseren Ideen daran an. Wir lassen uns auf einen organischen, abenteuerlichen und bewussten Entwicklungsprozess ein – im fruchtbaren Spannungsfeld zwischen unseren Idealen und dem sich immer wieder verändernden Rahmen der Möglichkeiten. Unsere Herangehensweise und Haltung ist eine zutiefst dem Leben, der Liebe und der Lebendigkeit dienende. Wir betrachten den Menschen als Potenzial, nicht als Problem. Und entsprechend möchten wir dieses Potenzial in Zusammenarbeit mit der Natur und der Region am Waldhof entfalten.

Wie ließe sich das besser verwirklichen als in Form eines (Zukunfts)-Dorfes?

Der Waldhof befindet sich also mit uns (und allen, die dazu kommen) in einem Transformationsprozess, hinein in ein neues Kapitel seiner Geschichte. Weiterhin im Zeichen der ursprünglichen Themen, jedoch in einem neuen Gewand und in einem anderen Zeitgeist.

Wir nehmen die Herausforderung und Chance dankbar an.

Die Geschichte

Vom Wallfahrtsort zur Heilstätte

Der Ort Elgershausen fand erstmals 1351 Erwähnung und ist geprägt von Jahrhunderten bewegter Geschichte mit einer kraftvollen Einladung zu Begegnung, Besinnung, Heilung und Bildung. Das Herzstück des Ortes ist die Marienkapelle, die ca. 1430 von Graf Bernhard als Mittelpunkt seiner Grafschaft erbaut wurde. Schon damals strömten Menschen zu dem bedeutenden Wallfahrtsort, wo auch noch heute der Hugenottenwanderweg kreuzt und Pilger*innen zur Rast und Besinnung einlädt. Nach Nutzung als Hofgut und im Anschluss als Oberförsterei errichtete im Jahre 1900 schließlich Dr. Georg Liebe eine Heilstätte für Tuberkulose und benannte den Ort „Waldhof“.

Gesundheit durch die Kraft der Natur und der Gemeinschaft

Beispielhaft erscheint das Konzept von Dr. Liebe zur Überwindung der Schwindsucht: Es sollten Naturheilkräfte aus Luft und Wasser in Verbindung mit Gesundheitsbildung zur Genesung führen. Die Behandlung bestand damals schon aus Luftkur, Liegekur, Sonnenbädern, einer Wasserkur in Kneippkuranlagen, Ernährungsumstellung, körperlicher Betätigung und psychischer Begleitung – und all dies in Gemeinschaft („Clubs“). 

Dr. Liebe wird als temperamentvoll-idealistischer Mensch beschrieben, der mit großem Organisationstalent und unerschütterlicher Tatkraft einen Ort schuf, wo er ganzheitlich behandelte und große Bedeutung in der Krankheitserklärung und Prävention sah. Weiterhin zeigte er sich sozialreformerisch, indem er z.B. sozial Schwachen die Aufnahme in die Heilstätte ermöglichte.

Der Waldhof als kulturelle Institution in der Region

Als Dr. Liebe 1924 mit 59 Jahren starb, war sein Lebenswerk „Waldhof Elgershausen“ zu einem kulturellen Mittelpunkt in der Region angewachsen. Es folgten bewegte Zeiten: In und nach den Kriegsjahren diente die Klinik teils als Flüchtlingsunterkunft, teils als Lazarett für tuberkulös erkrankte Soldaten. Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Klinik unter wechselnder Führung, zuletzt maßgeblich von Prof. Morr, mit den Fortschritten der modernen Lungenheilkunde zu einer der bedeutendsten Lungenfachkliniken Mittelhessens. Das „Café Pustekuchen“ war bekannt als herzlich geführte Institution für leckere Kuchen mit wunderschönem Ausblick auf die Streuobstwiese und die großen, alten Bäume ringsum.

Der Waldhof mit Selbstversorger-Garten Ende der 1950er Jahre
Waldhof Teich 60er Jahre

2018-2022 – Die Zeit der Möglichmachung

Mit Übernahme durch den Träger Agaplesion im Jahr 2006 zeichnete sich trotz engagiertem Widerstand aus der Region der Umzug der Fachabteilung an das Agaplesion ev. Krankenhaus Mittelhessen in Gießen ab, welcher zum März 2021 vollzogen wurde. 2018 wechselte der Waldhof schließlich in den Privatbesitz des Apothekenunternehmers Thorsten Junk.

Thorsten Junk sah im Waldhof einen „Lieblingsort, an dem Lieblingsmenschen Lieblingsdinge tun“. Hier sollen Menschen sich im Miteinander und in der Natur wohl, lebendig und verbunden fühlen können. Ein besonderer Ort, ein Herzensprojekt. 

Voraussetzung dafür war für ihn, dass der Waldhof mit seiner großen Fläche und seinen vielen Einzelgebäuden als Gesamtensemble erhalten und mit einem stimmig zusammenhängenden Konzept neu bespielt wird. Es brauchte also Menschen mit Inspiration, Visionskraft, Kreativität, Mut und Lust auf Komplexität, um das dem Waldhof innewohnende wunderbare Potenzial in die Hand zu nehmen!

Thorsten Junk 1. v. r., Johanna Helbig, 2. v.r.

Ende 2019 begann schließlich unsere Pionierbewegung an den Waldhof – eine Bewegung von mutigen und visionären Menschen, die das Projekt „Zukunftsdorf Waldhof“ mit viel Zeit, Sorgfalt und unter Einbeziehen der Region entwickeln wollen. Seitdem ist die Gemeinschaft auf gut 25 Erwachsene und zehn Kinder herangewachsen. Es sind Menschen aus den Bereichen Gesundheit, IT, Öffentlichkeitsarbeit & Marketing, Handwerk, Gartenbau, Schauspiel, Pädagogik und Musik.

2023: GLS Treuhand und Bürgerstiftung Waldhof

Ende 2022 erfüllte sich schließlich unser lang verfolgtes Anliegen, den Waldhof aus Privatbesitz in gemeinnützige Hände zu bringen und damit aus dem Spekulationsmarkt zu entziehen. Die GLS Treuhand steht zu 100 % hinter den Werten und Vorhaben des Zukunftsdorfs Waldhof und unterstützend an unserer Seite. Hierfür sind wir sehr dankbar!

Kurze Zeit später erfüllte sich auch der Wunsch nach Selbstverwaltung der Projektgemeinschaft – mit allen Freiheiten, Rechten, Herausforderungen und Pflichten, die damit einhergehen: Die Bürgerstiftung Waldhof wurde von Menschen der Projektgemeinschaft und aus der Region gegründet. Auch die Gemeinde Greifenstein im Kuratorium der Stiftung vertreten. Diese Bürgerstiftung hat im Mai 2024 den Waldhof per Erbbauvertrag von der gemeinnützigen GLS Treuhand übernommen. Damit sind die 11 Gebäude und etwa 18 Hektar des Waldhofes dauerhaft dem Spekulationsmarkt entzogen. Eine sehr gute Grundlage dafür, dass sich der Waldhof weiter als Ort der Region entwickelt!

Acht Menschen in einer Reihe, jede Person hat ein Sektglas in der Hand. In der Mitte sind zwei Menschen digital zugeschaltet und an die Wand projiziert. Ganz links im Bild: Marion Sander, Bürgermeisterin der Gemeinde Greifenstein, Eva Schorndanner, Dirk Ehrhard, Eva Wartner, Stephan Allmendinger (auf dem Bildschirm), Uli Sappok (auf dem Bildschirm), Peter Franz, Kai Krüger, Sophie Knödler, Hendrike Schoof. Eva Wartner hält die Anerkennungsurkunde der Bürgerstiftung Waldhof für die Gesundheit von Mensch und Natur hoch.
Kuratorium und Vorstand der Bürgerstiftung (2024)
Von links nach rechts: Marion Sander, Bürgermeisterin der Gemeinde Greifenstein, Eva Schorndanner, Dirk Ehrhard, Eva Wartner, Stephan Allmendinger (auf dem Bildschirm), Uli Sappok (auf dem Bildschirm), Peter Franz, Kai Krüger, Sophie Knödler und Hendrike Schoof.
Luftbild vom Waldhof in Greifenstein mit elf Gebäuden und Wald.

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